"Vibrierende Schatten, schillerndes Licht und scheinbar bewegte Luft"

Karin Haslinger, Kaufbeuren 2018

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Angelika Böhm-Silberhorn
40 Jahre immer wieder Schrobenhausen

Ölmalerei 1978 – 2018

Zur Kunstausstellung im Pflegschloss Schrobenhausen 2018

 

„Seit 40 Jahren immer wieder Schrobenhausen“ – so lautet der Titel, den die Malerin Angelika Böhm-Silberhorn ihrer Ausstellung 2018 im Pflegschloss Schrobenhausen gibt. Gezeigt werden Werke aus 40 Jahren intensiver künstlerischer Auseinandersetzung mit der Landschaft und dem Ort der Kindheit, dem Ort wo die Mutter heute noch lebt und immer ein Atelier unterm Dachboden bereithält, sowie den Gebäuden der Gegend und ihrem Wandel über die Zeiten.  

Schon als Kind mit gerade einmal elf Jahren machte sich Angelika Böhm-Silberhorn auf den Weg hinaus in die Landschaft. In der Umgebung von Schrobenhausen begann sie ihre Freilichtmalerei, zunächst in Aquarelltechnik und Zeichnung, später ab ihrem 15. Lebensjahr in Ölmalerei. So entstanden kleine Landschaftsdarstellungen, welche nicht das große spektakuläre Naturereignis zeigen, sondern vielmehr sensible Stimmungsbilder, feinsinnige und nuancenreiche  Momentaufnahmen von Bäumen, Sträuchern, Wegen und Himmel. Menschen und Tiere kamen später hinzu.  Bei jedem Wetter und zu jeder Jahreszeit zog und zieht es die Künstlerin hinaus, um vor Ort im Eindruck besonderer und einmaliger Lichtverhältnisse einem Blick, einem Moment und einer kurzen Erscheinung im Kunstwerk Dauer zu verleihen.

Auf den ersten Blick scheinen diese Darstellungen von Angelika Böhm-Silberhorn Ähnlichkeiten mit der Kunst des Impressionismus zu haben. Sie malt im Freien, in impressionistischer Technik und zeigt kurze Erscheinungen, besondere Lichtsituationen. Überhaupt ist Lichtwirkung und das Malen von Licht eine auffällige Stärke und Besonderheit im Werk von Angelika Böhm-Silberhorn. Ein Leuchten liegt in ihren Bildern und zieht uns hinein. Aber dann heftet sich der Blick auf Details. Und plötzlich erscheint alles nicht mehr eindeutig. Gegenstände und Landschaftselemente verschwimmen ineinander, Grenzen werden fließend. Wir, die Betrachter werden nicht auf einen bestimmten Ort, eine konkrete Zeit oder ein Geschehen festgelegt.  Das unterscheidet die Bilder der Künstlerin von den traditionellen impressionistischen Gemälden, in denen Momentaufnahmen von Stimmungen und Lichtverhältnissen an definierten Orten, in ihrem augenblicklichen Eindruck wiedergegeben werden. Die Bilder von Angelika Böhm-Silberhorn tun dies auch, aber darüber hinaus bleiben sie nicht an der Oberfläche der Dinge haften. Vielmehr führen sie uns von der äußeren Wirkung auf eine persönliche, innere Gefühlsebene und regen uns zum Nachdenken an, wenn sie in einer geheimnisvollen Uneindeutigkeit schwebend bleiben.

Besonders deutlich wird dies bei Interieurs, bei Szenen in Räumen. Ob in Gasthäusern oder im Schloss, immer dringt ein besonderes Leuchten von außen herein. Vibrierende Schatten, schillerndes Licht und scheinbar bewegte Luft lassen die Szenen verfließen. Die Architektur wirkt weich, Menschen verschmelzen mit ihrer Umgebung, keine harten Konturen begrenzen die Gegenstände zueinander. Der zunächst realistisch gefühlte Raum wird, je länger man hinschaut, zunehmend geheimnisvoll. Alles in den Bildern von Angelika Böhm-Silberhorn, ob Landschaften, Wirtshausszenen oder Gebäude, alles scheint von einem ganz besonderen Licht durchdrungen. Immer liegt ein Leuchten in der Luft. Dabei macht das Licht nicht an der Oberfläche der Dinge halt. Vielmehr scheint es ein Medium zwischen einer Welt draußen und einer Welt drinnen zu sein, eine Brücke zwischen Außenwelt und Innenwelt. Damit bekommt es eine geistige Dimension, wird Sinnbild für Transzendenz.

Die Bilder von Angelika Böhm-Silberhorn, in virtuos sicherer Pinselführung gemalt, zeigen nicht die Welt, wie sie ist, sondern dringen in das Innere der Dinge vor, machen deren Gefühlsdimension anschaulich. So zeigen die Schrobenhausen-Bilder, in 40 Jahren entstanden, keine Dokumentation von der Veränderung eines Ortes, einer Landschaft oder vom Verfall einzelner Häuser, sondern sind vielmehr Sinnbild für Veränderung, Vergänglichkeit und steten Wandel. Alles ist in Bewegung, die Zeit, die Gegenstände, Menschen und Orte. So wie die Malerei der Künstlerin selbst wie fließend wirkt, so stehen ihre Bildsujets symbolisch für Veränderung - auch auf einer geistigen Ebene. Diese Bilder sind, jedes für sich, wie ein auf Dauer gestellter Augenblick und zeigen dabei doch, dass nichts bleibt, wie es ist. Memento mori, denke daran, dass du, dass alles vergänglich ist. Unaufdringlich schwingt dies in allen Werken von Angelika Böhm-Silberhorn mit. Die Möglichkeit, über das Sichtbare hinaus, in der Kunst eine andere geistige Ebene zu betreten, diese Möglichkeit eröffnet das Werk der Künstlerin und zeichnet es neben der großartigen und sicheren Beherrschung der Technik Ölmalerei in besonderer Weise aus.

Karin Haslinger, Kaufbeuren 2018        

"lebensvolle Szenen […] in liebevoll-achtsamer Nähe"

Dr. Hajo Düchting, Diessen 2017

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Angelika Böhm-Silberhorn

„Wo wir uns wiederfinden“

Neue Bilder von Menschen und Kühen im Kunstverein Murnau

Einführung am 18.03.17 ab 16 Uhr in der Galerie des Kunstvereins

 

Seit Jahren fasziniert die überregional bekannte Malerin Angelika Böhm-Silberhorn die impressionistisch begründete Freilichtmalerei mit spontan gesehenen und wiedergegebenen Motiven in freier Natur. In dieser Ausstellung zeigt sie eine konzentrierte Auswahl von Kuhmotiven, direkt vor Ort, und sogar hinter dem Zaun, dem Gatter gemalt, Auge in Auge mit den friedlich grasenden, aber neugierig schauenden Kühen. 

Angelika Böhm-Silberhorn malt diese Nutztiere in scheinbar idyllischer Umgebung ganz nah, auf der Wiese ruhend oder die Malerin neugierig betrachtend (wie auch umgekehrt). 

Kühe? Was reizt die Künstlerin bloß an diesen anscheinend doch so langweilig-dumpf wirkenden, ewig widerkäuenden Tieren, dass sie sich stundenlang in deren Anblick vertiefen kann?

Und richtig! Da gab es doch einen berühmten Tiermaler, der neben Pferden und anderen Geschöpfen unserer Tierwelt auch Kühe malte! Franz Marc stellte sein berühmtes Kuhbild „Gelbe Kuh“ (Solomon R.Guggenheim Museum New York) bereits 1911 auf der 1. Ausstellung der Künstlergruppe „Der Blaue Reiter“ in München aus. Es rief jedoch selbst unter Kollegen und natürlich bei Kritik und Publikum Unverständnis und Empörung hervor. Einzig der expressionistische Dichter Theodor Däubler war von der knallgelben, fröhlich mit den Hinterbeinen in die Luft springenden Kuh begeistert, denn sie „trägt einen Tropfen Sonne in der Seele“. Der Kunstkritiker Walter Mehring schrieb von einem „brüllenden Kuh-Gelb“. Es ließe sich kaum ein besserer Kommentar zu diesem Bild vorstellen als Kandinskys Anmerkungen über das Wesen der Farbe Gelb in seiner Schrift „Über das Geistige in der Kunst“, die zur Zeit der 1. Ausstellung des „Blauen Reiter“ erschien:

„Gelb ist die typisch irdische Farbe“, sie tönt grell „wie eine hochklingende Trompete“, sie wirkt „exzentrisch“ und suggeriert „das Springen über die Grenze, das Zerstreuen der Kraft in die Umgebung“; „es ist auch wie die tolle Verschwendung der letzten Sommerkräfte im grellen Herbstlaub, von welchem das beruhigende Blau genommen wird und zum Himmel steigt.“

Für Kandinsky, aber auch für Marc kann daher Gelb nie ganz allein im Bild stehen, sondern muss immer von Blau, der Vertiefungsfarbe, ergänzt werden, oder aber gleich mit Orange zum komplementären, strahlenden Ausgleich gelangen.

Während Marc und seine Freunde im Blauen Reiter also ein Fest der Farben feiern, ist dieser exaltierte Umgang mit der Farbe Angelika Böhm-Silberhorn eher fremd. Sie nähert sich ganz behutsam diesen friedlich äsenden Tieren, beschreibt ihr Äußeres ohne expressive Übertreibung, sieht sie genügsam auf den Wiesen lagern und kauen, ab und an den Kopf nach dieser menschlichen Figur streckend, die da mit Staffelei und Palette bewaffnet, Wind und Wetter trotzend, ihren Blick in diese scheinbar so idyllische Welt versenkt. Wenn aber das sommerliche Licht über den Rücken der massiven Tiere streicht, überkommt auch die Malerin die Freude an der Farbe: ganz Impressionistin setzt sie Licht- und Farbflecken nebeneinander, um so dem Lichteinfall auf dem Tierfell gerecht zu werden, so wie ihn vor ihr auch der deutsche Spätimpressionist Thomas Herbst (1848-1915) mit seinen Kuhbildern versiert festhielt.

So entstanden lebensvolle Szenen von lagernden und ruhenden Kühen, aber auch Kuhherden in Bewegung beim Spielen in Kärnten, oder auf der Kittenalm bei Utting.  

Neben diesen Studien sind es vor allem Kuhporträts, die die Künstlerin in liebevoll-achtsamer Nähe ausführt, mit besonderer Betonung der Hörner der Kühe, wie sie die Malerin bei Winterstudien in einem Stall beim Christl-Bauern in Tannheim beobachten konnte.

So genau dargestellt und mit respektvoller Achtung gemalt hat man Kühe selten gesehen! Es sind wirkliche Porträts von lebendigen Persönlichkeiten, jede für sich und jede in ihrem Charakter unterschiedlich. Und es sind glänzend ausgeführte Bilder von prachtvollen Tieren, die von uns Menschen allzu oft überfordert und für unsere Zwecke mißbraucht werden.

Diese Ausstellung ist daher vielleicht auch ein Plädoyer für den achtsamen, liebevollen Umgang nicht nur mit unseren Kühen, sondern mit allen Geschöpfen der Erde. Kühe stehen bei Angelika Böhm-Silberhorn als Beispiel für einen harmonischen Zusammenklang von Schöpfung und Natur. Ob sich jemals wieder der Mensch in diesen Rahmen wird einfügen können, ist nach allem,  was bisher an Frevel an der Natur geschehen ist, mehr als fraglich. Uns bleibt nur die Hoffnung auf ein neues Zeitalter voll Verständnis, Friedfertigkeit und kreatürlichem Zusammenhalt unter allen Geschöpfen der Erde.

 

Dr. Hajo Düchting, Diessen, den 25.2.2017 

"Flirrende Farbmalerei"

Jury zum Thomas-Dachser-Gedenkpreis, Kempten 2015 

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Begründung durch die Jury in Kempten zum Thomas-Dachser-Gedenkpreis 2015 für das Bild „Lichtspiegelungen“

 

Das Werk nimmt Anleihen aus dem 19. Jahrhundert, steht im Umfeld einer beginnenden Abstraktion und ist dennoch unverwechselbar im 21. Jahrhundert angekommen.

Die Künstlerin verwendet reine, leuchtende Farben, die sie zu einer flirrenden Farbmalerei komponiert.

Der Pinselstrich ist flüchtig, der Eindruck aquarellierend, die titelgebende Spiegelung erhält dadurch eine besondere Lebendigkeit.

Die Jury wies auf die kontinuierliche Weiterentwicklung der Künsterin hin, das Sich-Erarbeiten neuer Themen.

Eine besondere Dimension erhält die Arbeit durch die Entstehung vor Ort, die sich an Details ablesen läßt.

"Das Licht verändert sie stetig"

TV-Beitrag von Kulturkanal Ingolstadt vom 14.09.2018